Louis Braddock Clarke
In den Schichten des versteinerten Schweigens
10. Oktober – 16. November 2025

Eröffnung: 10. Oktober 2025, 17:00 Uhr
Pressetermin: 8. Oktober 2025, 11:00 Uhr
Lichthaus Arnsberg
Der Kunstverein Arnsberg zeigt mit Between the Layers of Petrified Silence (“In den Schichten des versteinerten Schweigen”) die erste Einzelausstellung des britischen Künstlers Louis Braddock Clarke in Deutschland. Die für das Lichthaus Arnsberg entwickelten Arbeiten verbinden Geologie, Klang, Technologie und spekulative Forschung. In Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen aus den Bereichen Meteorologie, Akustik, Geologie und Informatik schafft Braddock Clarke künstlerische Forschungsprojekte, die die unsichtbaren und unhörbaren Dimensionen unserer Umwelt greifbar und erfahrbar machen.
Im Zentrum der Ausstellung steht die neu produzierte Zweikanal-Multimedia-Installation „Gems in Metal“ (2025), bestehend aus FACE 001 und FACE 002. In der geologischen Praxis bezieht sich der Begriff „Face“ auf eine freiliegende Oberfläche, an der direkte Beobachtungen oder Vermessungen stattfinden. „Gems in Metal” übernimmt diese Terminologie, um FACE 001 und FACE 002 als zwei Interpretationsflächen zu definieren. FACE001 macht Infraschall – niedrigfrequente Schallwellen, die durch industrielle Prozesse, Sprengungen im Bergbau oder tektonische Aktivitäten erzeugt werden – physisch wahrnehmbar. Eine schwebende Steinplatte wird durch Transducer-Systeme und Subwoofer in einen vibrierenden Resonanzkörper verwandelt.
Die Besucher:innen erleben den „Sound der Erde“ nicht mit ihren Ohren, sondern mit ihrem ganzen Körper. Das Werk basiert auf einer mehrjährigen Zusammenarbeit mit Meteorolog:innen und Akustiker:innen des Königlich-Niederländischen Meteorologischen Instituts (KNMI), die neue Methoden zur Erfassung von Infraschall entwickelt haben. Versteinerte Wal-Ohrknochen bilden dabei fragile Klangkörper innerhalb der Arbeit: Einst Organe der Infraschallkommunikation, tauchen sie in der Installation als durchlässige Hörräume wieder auf, die die gegenwärtigen Landschaften der Welt in eine tiefere Resonanz versetzen.
FACE002 nutzt maschinelles Sehen, KI-gesteuerte Algorithmen und geologische Datenarchive. Auf einer speziell angefertigten 16:9-LED-Matrix mit mehr als 2.000 LEDs werden zwei verschiedene Analyseverfahren eingesetzt, um Dünnschnitte aus Bergbauarchiven zu scannen. Die beiden Algorithmen arbeiten parallel: Der eine repliziert industrielle Techniken zur Erze-Erkennung, während der andere nach Anomalien, Mustern und Formen sucht, die sich einer Bewertung entziehen, und dabei das Phänomen der Pareidolie nutzt, bei dem Betrachter:innen in Objekten und Mustern vertraute Wesen oder Gegenstände erkennen. Die Arbeit entstand in enger Zusammenarbeit mit der TU Delft, dem Earth Simulation Lab der Universität Utrecht und dem Naturalis Biodiversity Center in Leiden, das eine der größten Sammlungen geologischer Dünnschliffe in Europa beherbergt.
Eine achtkanalige Soundkomposition, die aus geologischen Daten, seismischen Gleichungen und Infraschallmustern generiert wurde, verwebt beide Installationen miteinander und verwandelt das Lichthaus in einen immersiven Resonanzkörper. Die Installation entfaltet sich als zweikanaliger Dialog, in dem Methoden des Kinos und der Geologie miteinander verschmelzen und in die Tiefen der Zeiten hineinreichen: Das Alter der Erde, 4,543 Milliarden Jahre, wird in einen 45,43-minütigen Film übersetzt.
Mit dieser Ausstellung schlägt Braddock Clarke eine Brücke zwischen lokaler Geschichte und globaler Forschung: Die Vergangenheit des Bergbaus in der Region Arnsberg wird Teil einer umfassenderen Reflexion über Rohstoffgewinnung, technologische Spekulation und ökologischen Wandel. Seine Arbeiten schlagen eine Gegenpraxis zum Extraktivismus vor: Zuhören und Aufgreifen statt Ausbeutung, Resonanz statt Aneignung.
Louis Braddock Clarke ist Künstler und Researcher, der Begriffe aus der Geologie, dem Deep-Time-Kino und der mystischen Philosophie miteinander verknüpft. Zuhören und Verstärkung als Methoden sind zu Schlüsselansätzen seiner Arbeit im Zusammenhang mit gestörten Ökosystemen geworden. Seine Kunstwerke wurden international gezeigt bei: Rencontres Paris/Berlin, SeeyouSound, Biennale von Venedig Musica, Sonic Acts, Rewire, NTMoFA, Noorderlicht Biennale, Sounds of Silence, Netherlands Film Festival, FILE Brazil, Digital Arts Taipei, Macau Design Museum, MU Hybrid Art House, W139, OT301, Quartair, Stroom, Museum of Mines and Metal Brazil, WEST Museum, Het Hem.
Das Projekt ist kuratiert von Yannik Güldner (iii), autodidaktischer Kurator und Programmierer. Seine Forschung konzentriert sich auf Schnittstellen zwischen zeitgenössischer und populärer Kultur. Neben seiner freischaffenden Tätigkeit leitet er derzeit die künstlerische Entwicklung des Künstlerkollektivs iii (instrument inventors initiative); iii ist eine von Künstlern geführte Community-Plattform, die neue interdisziplinäre künstlerische Praktiken unterstützt, die Performance, Technologie und die menschlichen Sinne miteinander verbinden.
iii – instrument inventors initiative:
iii ist eine von Künstler:innen geführte Community-Plattform, die neue interdisziplinäre Praktiken fördert, die Performance, Technologie und die menschlichen Sinne miteinander verbinden. Entstanden aus der ArtScience-Tradition in Den Haag, strebt iii danach, technologische Innovation, theoretische Reflexion und menschliche Erfahrung in Einklang zu bringen. iii trägt zu internationalen Entwicklungen im Bereich Kunst, Wissenschaft und Technologie bei und fungiert sowohl als kultureller Inkubator, der Forschung und Kreation unterstützt, als auch als Agentur, die Schöpfer:innen über ein breites (inter-)nationales Partnernetzwerk mit einem breiten Publikum verbindet.
Das Projekt ist unterstützt von Medienkunstfonds NRW und die Stadt Arnsberg und gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen im Medienkunstfonds.
Für weitere Informationen und Pressematerialien wenden sie sich bitte an Carola Uehlken, carolauehlken@gmail.com


