Susanne Schuricht
Double Room, Corpus 01 | Schlossberg
18. Juli – 31. Juli 2008

Ein Raum-Körper mit Schiebe-Elementen – Double Room, Corpus 01 – wird auf dem Schlossberg in Arnsberg aufgestellt.

„Der Raum-Körper ist begehbar, seine Teile sind greifbar nahe, man kann sie verschieben und so die Perspektiven wechseln, einen Ausschnitt schaffen, den man im nächsten Moment wieder verändern kann. Der Raum-Körper trennt mich von der Welt um mich herum und bringt mich ihr besonders nahe.“ [Susanne Schuricht]

Leon Battista Alberti definiert 1452 in „De Re Aedificatoria“, Architektur als „...Harmonie und Einklang aller Teile, die so erreicht wird, dass nichts weggenommen, zugefügt oder verändert werden könnte, ohne das Ganze zu zerstören.“ Kunst wiederum ist im Zusammenhang mit dem Corpus daraufhin ausgelegt, dieses Ganze ins Bewusstsein zu rücken. So ist der „Double Room, Corpus 01“ ein liegender Quader, weiß, mit Schiebewänden an der Decke und an den Seiten, etwas mehr als anderthalb Meter hoch und zweieinhalb Meter breit. Er ermöglicht immer wieder neue Blickausschnitte analog zu den Bewegungen und Justierungen der Schiebewände: Sichten der Person aus dem Inneren des Raumes nach Außen und auf die Person im Inneren von Außen. Resultat ist die Rahmung von Blickausschnitten von Innen nach Außen und von Außen nach Innen. Die Blickausschnitte nach Außen ermöglichen Sichten auf Landschaft und Landschaftsprägende Elemente. Nach Innen sind es Blicke, die einen rechteckigen weißen Grund zeigen, in dem sich Durchblicke auf Landschaft wie auch Fragmente von Personen im Inneren auftun. Hierbei ist die Haltung der Menschen im Inneren durch die Höhe des Raumes vorgegeben. Sie hocken oder liegen im Raum und schauen hinaus und werden immer wieder in Teilen von den Schiebewänden verdeckt.

Architektur kann über ihren Raum schaffenden Charakter definiert werden und besteht in der Dualität von Raum und Hülle. Sie schafft eine Grenze zwischen Außen und Innen. Durch diese Hülle entsteht ein Raum zum Aufenthalt und Tätigwerden von Menschen, sowie zur Aufbewahrung seiner Dinge, geschützt vor den unerwünschten Einflüssen der Außenwelt. Der Corpus ist anders. Er macht die Dualität von Innenraum und Außenraum bewusst und gibt so den Anlass sich selbst im Verhältnis zu beiden Räumen zu verorten und zu vergeistigen. Der Benutzer im Raum wird im Raum sein und seinen Blick auf das Außen selbst justieren, während er gleichzeitig für den Betrachter diesen Akt des selbst gewählten Blicks in Form eines eingefassten Bildes seiner selbst im weißen Raum versinnbildlicht. Dies wird dadurch möglich, weil dieser Raum als Kunstwerk keinen funktionellen sozialen, politischen oder wirtschaftlichen also konkreten Grund seiner Existenz repräsentiert, außer Kunst zu sein. Die Gestalt des Corpus, seine Form und Kubatur, seine Proportion, das alles sind ästhetische Aspekte, die sich in diesem Fall durch die Flexibilität der Schiebewände von der Funktion und Benutzung ableiten lassen. Wesentlich für die Bedeutung der Arbeit ist die Interaktion von Kunstwerk und Betrachter und der Betrachtung des Betrachters im Inneren. Es ist eine authentische Kunst-Erfahrung von Welt in der Welt. Sie entspricht dem Ziel von Max Horkheimer und Theodor Adorno in der „Dialektik der Aufklärung“. Sie fordern die authentische Kultur als etwas, das in erster Linie sich selbst genügt und dies zum Zweck hat. Sie fördert die Phantasie des Menschen, indem sie Anregungen gibt, aber anders als die Kulturindustrie, den Freiraum für eigenständiges menschliches Denken und Handeln lässt. Authentische Kultur will in ihrem Sinne nicht die Wirklichkeit nachstellen, sondern weit über sie hinausgehen.1 [Wolf Guenter Thiel]

Susanne Schuricht lebt und arbeitet in Berlin. Ihr Schwerpunkt sind Installationen und fotografische Arbeiten. Susanne Schuricht hat national und international ausgestellt.